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Tagebuch

Achtung: China ist 6 Stunden weiter als wir! Ganz China liegt - erstaunlicherweise - in einer Zeitzone.
Alle Zeitangaben sind Ortszeiten!

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11.07.04
21:26 h

Mittwoch, 7. Juli

Am Vormittag flogen wir von Xian nach Chongqing. Der Flughafen von Xian: sehr gross, sehr modern. Das Flugzeug: eine Boeing 737-800, nette Crew. Essen waehrend des eineinhalb Stunden dauernden Fluges: warm, besser als bei Lufthansa. Der Pilot warnte vor Turbulenzen, die er aber dann sehr geschickt umflog.
Das am Yangze gelegene Chongqing empfing uns mittags mit sicher 40 Grad - uff! Zum Einzugsgebiet der derzeit groessten Metropole Chinas zaehlen ueber 30 Millionen Einwohner. Sie ist, anders als Beijing und Xian, eine Bergstadt: Abenteuerlich sind alte, verfallene Haeuschen neben wie Pilze aus dem Boden schiessenden Hochhaeusern in, an und zwischen die Berge gebaut. Hier wie auch in unzaehligen anderen Staedten entlang des Yangze werden oder wurden bereits zigtausende Menschen umgesiedelt, in neue Wohnungen, die dann nach der Stauung oberhalb des endgueltigen Yangze-Wasserspiegels liegen werden. In dieser Stadt versteht man noch einmal etwas besser, warum momentan 55% der weltweiten Zementproduktion in China verbaut werden!
Zunaechst fuhren wir zur Grossen Kongresshalle, einem riesigen Rundbau in chinesischem Stil. Die Sonne erbrannte erbarmungslos! Dafuer hatten wir dann (ungewoehnlich fuer das meist sehr diesige Chongqing, auch "Backofenstadt" oder "Nebelstadt" genannt) relativ gute Sicht von einem der Huegel auf die beiden hier zusammenkommende Fluesse Yangze (der im tibetischen Hochland auf 6600m Hoehe entspringt) und Jialing - der eine gelb, der andere eher gruenlich.
Wir besuchten eine Ausstellung, die aus einem ca. 100m langen Gemaelde besteht, das den Lauf des Yangze mit seiner Uferlandschaft zeigt, und auf dem die steigeneden Wasserstaende mit staendig angepassten Linien markiert werden. So kann man sehen, welche Orte halb oder schon ganz verschwunden sind.
Abendessen im Hotel, wo wir anschliessend in lustiger Runde versuchten, einen fuer Europaeer geniessbaren Schnaps zu finden, der weder nach Aceton noch nach Elefantenhaus roch und schmeckte - vergeblich! Die hiesigen Hirse-Braende sind fast untrinkbar; Bier (3% Alkohol) ist verbreitet, Wein gibt es kaum, und wenn, entweder zu suess oder zu teuer.

(Fotos: Flughafen Xian, Große Kongresshalle, Blick auf Chongqing, Yangze-Gemälde, Begegnung mit dem Künstler)


Donnerstag, 8. Juli

Ein Ausflug mit dem Bus (hin und zurueck jeweils 2 - 3 Stunden) fuehrte uns nun endlich einmal ins laendlichere China, das eigentlich ja die bei weitem groesste Flaeche ausmacht und wo 70% der Bevoelkerung immer noch als Bauern lebt.
Vorbei an Reisterrassen, Mais und Lotusfeldern (die Wurzeln werden wie Rettich gegessen), sehr viel sauberer und adretter als in den Staedten aussehenden Haeusern ging es nach Dazu, einer kleinen Stadt, in deren Naehe die Bei-Shan und Bao-Ding-Shan-Hoehlen liegen. Beides sind buddhistische Anlagen, in den Stein gehauen, mit riesigen Reliefs und meterhohen Buddha-Statuen.
Zurueck in Chongqing gab es als Abendessen "Sichuan-Feuertopf": In der Tischmitte steht (wie beim Fondue) ein Topf mit scharfer Bruehe, in die vorbereitetes Fleisch und Gemuese geworfen und gegart werden. Sehr, sehr scharf! Aber es gab auch eine mildere Variante.
Anschliesseng ging es auf unser Flusskreuzfahrtschiff. Es wurde zwar erst 1995 gebaut, die Kabinen (besonders die Nasszellen) wirken aber schon etwas mitgenommen; die Zimmer haben mehr das Niveau deutscher Jugendherbergen.
Die erste Nacht blieb das Schiff noch an der Anlegestelle liegen, es war aber auch so gewoehnungsbeduerftig, mit dem Krach des Dieselaggregats und vielen anderen Geraeuschen zu schlafen.

(Fotos: Bei-Shan und Bao-Ding-Shan-Hoehle, Sichuan-Feuertopf-Essen)


Freitag, 9. Juli

Um 9 Uhr morgens (Fruehstueck 8 Uhr) legte unser Schiff ab. Der Vormittag verging mit dem beobachten der vorbeiziehenden Landschaft, Schattenboxenuebungen und Vortraegen ueber den Yangze und die chinesische Schrift.
Mittagessen an Bord, dann machen Felix und Dieter einen Ausflug in die "Geisterstadt" Fengdu mit. Durch die Altstadt, die demnaechst komplett abgerissen und an der gegenueberliegenden Seite des Yangze wieder aufgebaut wird, ging es zur Seilbahn, von dort hoch zur Tempelanlage der Geisterstadt. Hier mussten sich die Gestorbenen anmelden, wurden allerlei Pruefungen unterzogen und dann in Paradies oder Hoelle geschickt. Felix und Dieter gelingt es, einige der Pruefungen zu bestehen. Das laesst hoffen...
Nach dem Abendessen (besser als das Mittagessen) Demonstrationen chinesischen Kunsthandwerks, gefolgt von der obligatorischen "Crew-Show". Die verblueffte und begeisterte uns dann sehr: Was die Mannschaft vom Koch bis zum Zimmermaedchen da an Tanz und Gesang zeigte, war ausgesprochen gut!
So almaehlich hatte sich auch Inge mit dem Schiff angefreundet, und nach einem lustigen Abend schliefen alle trotz Schaukelei des diesmal fahrenden Schiffes gut.

(Fotos: Abfahrt mit dem Schiff von Chongqing, Schattenboxen, Geisterstadt Fengdu)


Samstag, 10. Juli

6:30h Wecken, es regnet in Stroemen.
7:30h Einfahrt in die erste der "Drei Grossen Schluchten", die wir in nur 20 Minuten durchquerten.
Nach dem Fruehstueck fuhren wir in die zweite, die Wu-Schlucht, ein. 2 Stunden spaeter erreichten wir Badong; von dort aus gab es eine abenteuerliche Bootsfahrt auf einem Nebenfluss des Yangze, dem Shennon Xi. Inge und Felix zogen es vor, angesichts des Dauerregens aus dem Kreuzfahrtschiff zu bleiben (Karten und Tagebuch schreiben). Dieter fuhr derweil mit einem kleineren Schiff durch wunderschoene Schluchten Fluss auswaerts. Dann stieg die Gruppe um auf von 5 Chinesen geruderte "Saubohnenboote". Ploetzlich sprangen die Ruderer ins Wasser und zogen die Boote durch kleine Stromschnellen weiter. Bei diesem "Treideln" waren die Treidler frueher ganz nackt, jetzt aber nicht mehr. Schade, meinten einige Damen.
Zurueck ging es mit Tempo durch die Stromschnellen wieder zu Tal - echt spannend!
Nach dem Mittagessen Einfahrt in die letzte und mit 76km laengste der drei Schluchten, die Xiling-Schlucht - leider regnete es immernoch ohne Pause, und die tolle Landschaft lag zu grossen Teilen hinter Nebelwolken.
Dann endlich erschien er aus dem Dunst: Der riesige neue Staudamm! Etwa in der Mitte der Xiling-Schlucht, 2,3km lang, 35 Mrd. US Dollar teuer, 17 Jahre Bauzeit und eine Hoehe von 185m Metern ueber Meeresspiegel. 26 Turbinen erzeugen am Ende der Bauzeit (2009) so viel Strom wie 15 deutsche Atomkraftwerke! Gigantisch!
Wir fuhren mit unserem Schiff in die jetzt noch vier-, spaeter fuenfstufige Schleuse ein. Von 18 bis 22 Uhr dauerte die gesamte Fahrt durch die Schleuse, es war sehr aufregend. Anschliessend legten wir ein Stueck weiter flussabwaerts fuer die Nacht an.

(Fotos: Passage durch die Drei Schluchten, unser Schiff, Dieters Ausflug auf den Shennon Xi-Fluss, Einfahrt in die Schleuse, Blick aus unserem Zimmerfenster während Schleusendurchfahrt)

12.07.04
23:07 h

Sonntag, 11. Juli

Das war eine unruhige Nacht! Erst haben wir noch etwas laenger in netter Runde zusammengesessen, dann war an unserer Anlegestelle der Teufel los, ein staendiges Kommen und Gehen.
Morgens ging es dann im Bus zur Staudammbesichtigung. Ein Wahnsinnsbauwerk, auch vom Land aus!
Wieder zurueck auf dem Schiff, durfte Dieter endlich den Maschinenraum besichtigen: "Erstaunlich ordentlich, aber laut!"
Nach einem letzten Mittagessen an Bord der MS Snow Mountain Weiterfahrt im Bus ueber holprige Autobahnen nach Wuhan in der Provinz Hubei, wo wir nach 5 Stunden Fahrt ankamen. Erst hatten wir Abendessen in einem Restaurant in der Stadt (unter anderem mit gekochten Huehnerfuessen - brrr! - ansonsten war das Essen aber o.k.), dann ging es ins Hotel. Endlich wieder eine richtige Dusche! Und eine ruhige Nacht.

(Fotos: Schleuse, Bauarbeiten am Damm, noch mehr Yangze)


Montag, 12. Juli

Fruehstueck im 26. Stock des Hotels in einem sich (an dem Tag aber nicht) drehenden Restaurant mit tollem Blick ueber die Stadt - leider war es (wie meistens) etwas diesig.
Gestern waren wir schon sehr beeindruckt von der rasant wachsenden Industriestadt Wuhan: Ganze Stadtviertel wurden in den letzten 10 Jahren aus dem Boden gestampft, viele deutsche Firmen haben sich hier in supermodernen Gebaeuden niedergelassen. Riesige neue Industriegebiete entstehen hier.
Heute beeindruckten vor allem Inge die Gruenanlagen der Stadt: Kilometer lang zum Teil mannshohe Buchsbaumkugeln an den Strassenraendern, alles super gepflegt, sehr originell angelegt, kaum Blumen, aber unzaehlige Gruentoene, Hecken in den unterschiedlichsten Formen - toll!
Dann ein absolutes Highlight: Besichtigung des Museums von Wuhan mit Relikten aus einem ueber 2400 Jahre altem Fuerstengrab. Alles wunderbar erhalten, da es komplett im Wasser gelegen hatte, unter einer von meterdicken Balken aus Hartholz gebildeten Decke. Eine besondere Kostbarkeit ist ein riesiges 2 Tonnen schweres Glockenspiel. Wir durften einem ca. 20 Minuten langen Konzert auf einem originalgetreuem Nachbau lauschen und auch die anderen Exponate (zum Beispiel riesige Bronzegefaesse, ueberreich verziert, die man bis heute nicht so hat nachgiessen koennen) waren sehr beeindruckend.
Anschliessend besichtigten wir eine der zahlreichenden Villen, die Mao Tsetung bewohnt hat - riesig, aber in ziemlich vergammeltem Zustand: Seit 1976 ist hier nichts mehr renoviert worden.
Nachdem wir noch eine Vorfuehrung einer traditionellen Teebereitung besucht hatten, ging es zum Flughafen. Unser Flieger (Shanghai Airlines, Boeing 737-800) startete zu unserem Erstaunen 15 Minuten vor der Zeit! Nach etwas rubbeligem Flug 1 1/4 Stunden spaeter trotzdem gut in Shanghai gelandet, wurde uns auf dem Weg ins Hotel klar, warum: Ploetzlich verschwanden die Hochhaeuser im Dunkel, ein kraeftiger Taifun ueberraschte uns im Bus zum Hotel! Schlagartig fiel die Temperatur auf 23 Grad (von ueber 30), die Regenmassen verwandelten die Strassen in Seen, der Sturm warf Fahrraeder reihenweise um, es war abenteuerlich! Die Fahrt dauerte dann auch etwas laenger als geplant, da einige Strassen wegen Ueberflutung gesperrt waren, aber als wir am Ocean Hotel ankamen, war der Spuk erst einmal vorbei.
Nach dem Abendessen im Hotel zogen wir noch einmal los (die Strassen waren schon wieder fast trocken) und kauften einen Bordcase (Koffer) mit Griff und Rollen fuer unser inzwischen angewachsenes Gepaeck fuer ungefaehr 11 Euro!

(Fotos: Frühstück im 26. Stock, Grünanlagen in Wuhan, Vorführung auf Nachbau des Glockenspiels, weitere Grabbeigaben wie Mandarinente aus lackiertem Holz und Bronze-Weinkühler, Mao-Residenz, chinesischer Schmetterling, Tee-Zeremonie)

14.07.04
22:06 h

Dienstag, 13. Juli

Am Vormittag besichtigten wir den mitten in der Stadt gelegenen, aus der Ming-Zeit stammenden Yu-Garten, eine gruene Oase mitten in der Altstadt.
Danach ging es zum Jade-Buddha-Tempel, wo sich zwei riesige, aus einem einzigen weissen Jadeblock gearbeitete Buddha-Statuen befinden (uebrigens Jade aus Burma, die als wertvollste gilt).
Trotz der gestrigen Regenfaelle war es schon wieder sehr heiss. Wie wir spaeter aus der Zeitung erfuhren, hatte ein Flieger es nicht mehr wie wir geschafft, rechtzeitig vor dem Unwetter in Shanghai zu landen: Er geriet in erhebliche Turbulenzen, fiel in kuerzester Zeit um 600m und wurde wenigstens 3 Mal furchtbar durchgeschuettelt, Ergebnis: Eine gebrochene Nase und ein gebrochenes Bein beim Kabinenpersonal; sechs weitere Passagiere noch im Krankenhaus. Insgesamt starben bei dem Unwetter 7 Menschen in Shanghai, und etliche Bezirke der Stadt waren stundenlang ohne Strom. Was haben wir fuer ein Glueck gehabt!
Nach der Besichtigung einer Seidenfabrik gab es Mittagessen in Form eines "Mongolischen Barbecue": Jeder konnte sich seine Essenszutaten selbst zusammenstellen, die dann auf spektakulaere Weise von den Koechen auf muehlsteingrossen heissen Eisenplatten gebraten wurden. Gut!

(Fotos: Blick aus unserem Hotelfenster auf Shanghai, Ikea auf chinesisch, Kontrast zwischen altem und neuen Shanghai, Yu-Garten mit der berühmten Zickzack-Brücke, Jade-Buddha-Tempel, Seidenfabrik)

Nachmittags konnten wir dann auf den beruehmten "Bund", der Uferstrasse Shanghais (das uebrigens nicht an der Muendung des Yangze liegt, sondern am Huoang Po) und der Geschaeftsstrasse Nanking Road, bummeln.
Am Abend besuchten wir eine Akrobatikvorstellung, die uns unglaublich begeisterte: So etwas hatte keiner von uns vorher gesehen! Wir verliessen das Theater mit Muskelkater nur vom Zusehen.
Nachdem wir den Abend mit anderen aus der Gruppe mit einem "Absacker" im sich drehenden Restaurant des 23. Stocks mit tollem Blick ueber Shanghai beschlossen hatten, fielen wir muede ins Bett fuer eine viel zu kurze Nacht, mit der Erkenntnis: Shanghai ist eine faszinierende Stadt, besonders durch das enge Nebeneinander von Alt und Neu!

(Fotos: der "Bund", Shanghai bei Nacht, Akrobatikvorstellung)


Mittwoch, 14. Juli

Wecken: 6:30h, Abfahrt zum Flughafen 8:15h.
Nach ueberwiegend ruhigem Flug landeten wir nach 2 1/4 Stunden in Guilin, einem "Dorf" mit 100.000 Einwohnern (wie Bergisch Gladbach). Guilin ist beruehmt fuer seine Landschaft: Viele kleine Berge (hoechstens 400m hoch) mit teils seltsamen Formen entlang des Li-Flusses versprechen reichlich Foto-Motive!
Erst ging es aber zur Schilfrohrfloetenhoehle ("Ludiyan"-Hoehle im Chinesischen, klingt einfach dagegen!), unter der wir uns vorher nicht viel vorstellen konnten. Umso ueberraschter waren wir dann von einer Tropfsteinhoehle mit riesigen Ausmassen (500m lang, der groesste Raum fasst 1000 Menschen) und fantastischen Formationen - und wir haben schon viele Tropfsteinhoehlen gesehen!
Unser Reiseleiter konnte dann auf vielfachen Wunsch noch einen anderen Programmpunkt einschieben: endlich einmal die Besichtigung eines richtigen chinesischen Dorfes. In absolut stroemenden Regen latschten wir, maessig geschuetzt durch Regenschirme, durch die Dorf-"Strassen". Es war die Ueberwindung wert: Wir durften in die mehr als einfachen Haeuser gucken und auch hineingehen, eine ganz andere Welt tat sich auf als noch am Vortag in Shanghai. Ueberall wurden wir sehr freundlich begruesst.
Abendessen gab es im Hotel, wo wir auch auf das dritte (!) Geburtstagskind auf dieser Reise anstiessen.

(Fotos: Schilfrohrflötenhöhle mit Wasserspiegelungen, Impressionen aus einem chinesischen Dorf, Felix guckt einem chinesischen Künstler zu)

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